«Es ist mir grosse Ehre, von gleicher Sorte zu sein»; «Wer mir 65 Rappen hat, darf meinem Meersäuli ‹Du› sagen»; «Gedanken sind zollfrei», «Glück (für Sie), Bettle ganzen Januar zum Halben Breis», «Gut, bekommen tolle Menschen nicht Tollwut», «Glück ist dort, wo man Glück macht».
Es ist das wunderbare Buch über den Luzerner Strassenphilosophen Emil Manser, das mir Inspirationsquelle für diesen Artikel ist. Das Buch ist es immer wieder wert, in die Hand genommen zu werden, um zu stöbern, zu fantasieren und zu schmunzeln. Dieses Sich-Zeit-Nehmen für scheinbar Fremdartiges, das Eintauchen in andere Welten, das Zulassen anderen Denkens, das Respektieren und Tolerieren, das Darüber-Nachdenken, das Daraus-Essenzen-für-das-eigene-Denken-und-Handeln-Entnehmen, eben das Sich-inspirieren-Lassen ergibt Raum für neue Perspektiven und ermöglicht, Altes hinter sich zu lassen und Neues anzupacken. Inspiration ist ein wesentlicher Faktor für Digital Leadership.
Technik, ja schon, aber...
Mit diesem Eingangsplädoyer möchte ich einen Kontrapunkt zu dem setzen, was unsereiner in der Medienproduktion gewohnt ist: Sich tagtäglich nur mit Technologie und automatisierten Prozessen auseinanderzusetzen. Das Tool- und Mindset für erfolgreiche Medienproduktioner benötigt heute viel mehr als detaillierte Kenntnis von Technik und Prozessen.
Zugegeben: Technik ist Voraussetzung, bedingt viel Faktenwissen, ist meist kompliziert in der Handhabung, erfordert deshalb oft die volle Aufmerksamkeit und lässt uns keine «Luft zum freien Atmen». Technik raubt uns oftmals Zeit und Freiheit, uns über andere Faktoren für erfolgreiches Geschäften Gedanken zu machen. Der Wunsch von uns Anwendern, dass Technik in der Handhabung vereinfacht wird, beeinflusst zunehmend den Erfolg von Soft- und Hardware-Herstellern. Nur: Einfachheit herzustellen, ist komplex. Doch lässt dieser Trend darauf hoffen, dass wir anderen Faktoren mehr Gewicht beimessen können.
Pause, Intuition
Genauso wie der Ton die Stille bedingt, bedürfen erfolgreiches Unternehmertum und Leadership der Pause und nicht der Hektik. Weises Entscheiden setzt klare Gedanken und ein Gespür für Wesentliches und kontextuell Relevantes voraus. Aber im Ernst: Wie unterbrechen wir den immer höheren Takt der Veränderungen? Wann gönnen wir uns diese notwendigen Pausen? Wann lassen wir uns zum Beispiel durch die Einfachheit und die Atmosphäre einer Alphütte inspirieren, statt in einem Konferenzzimmer unsere Sitzungen abzuhalten? Wohl nur dann, wenn wir mit Enthusiasmus einer Idee folgen und mitgerissen werden. Wenn das Denken keinen Raum mehr bekommt, bleibt uns die Intuition als Handlungsinstrument. Der Bauch übernimmt sozusagen das schnelle Entscheiden anstelle des langsamen Kopfes. Genährt aus Erfahrung und Inspiration wird Intuition in Zukunft eines der wichtigsten Werkzeuge, um Entscheide schnell treffen zu können.
Taktik, Tun, Agilität
Mittlerweile im postfaktischen Zeitalter angekommen, der schnellen Veränderungen oft überdrüssig, leben Leadership und Unternehmertum immer weniger von strategischen Überlegungen, sondern viel mehr von der taktischen Anwendung. Strategisches ufert oft in endlose Diskussionen aus, wogegen Taktik mit der Umsetzung und dem Tun verbunden ist. Da dem Tun in unserer Zeit bekannterweise die schnellen Veränderungen der Gegebenheiten und Systeme entgegenwirken, ist es notwendig, unser Tun in «kleine Happen» einzuteilen, ohne den Blick für das grosse Ganze und die Zielsetzung zu verlieren. Dies ermöglicht Agilität und lässt das Steuern des Vorhabens nicht entgleiten.
Fairness, Haltung, Kultur
Sollen Taktik und Tun von Erfolg gekrönt sein, ist als zusätzliches Instrument Fairness im Handeln Voraussetzung. Dies entspringt einer Haltung, einer Kultur – und muss gepflegt werden. Denn es gibt jeden Tag zu viele Verlockungen, welche uns Haltung und Kultur über Bord werfen lassen. Aus gelebter Kultur resultieren Identität, Authentizität und Stabilität, Grundpfeiler eines jeden Unternehmens, von dessen Mitarbeitern und Führungsriege.
Freunde, Teamgeist
Die Wahrscheinlichkeit, dass Fairness täglich gelebt wird, ist sicherlich unter Freunden gross. Eher kleiner ist sie, wenn ich mein Gegenüber nicht kenne, wenn ich Abneigungen hege oder Vorurteile mein Denken beeinflussen. Daraus lässt sich folgern, dass die Teambildung unter echten Freunden zum Instrumentarium für Erfolg zählt. Eine solche Teambildung kann sich beispielsweise auch in neuen Organisationsformen äussern, in denen Fähigkeiten unterschiedlicher Fachkräfte und Firmen in sich immer wieder neu zusammengesetzten Projektpools zusammenfinden.
Um mit einem inspirierenden Text diesen Artikel zu beenden, zitiere ich an dieser Stelle Auszüge aus dem Blog der indischen Marketingmanagerin Vartika Kashyap. Erfolgreiche Unternehmer haben nach ihrer Erfahrung folgende Gemeinsamkeiten: Enthusiasmus, Erfahrung, Ehrlichkeit, Integrität, klare Kommunikation, Empathie, Mut, Inspiration, Selbstlosigkeit.
Ich meine, ein Tool- und Mindset, das sich neben reiner Technologie durchaus sehen lassen kann ...
Dieser Artikel wurde in der Fachzeitschrift Publisher 1-2017 publiziert.